Junge Zeiten – Eiserner Kampf mit Taucherflossen

Kölner Stadt-Anzeiger, 26. September 2012

Bergisch Gladbach – Mädels sind die Helden des Haushalts: Kochen, Nähen, Fenster putzen – kein Junge wird das jemals so gut hinbekommen wie seine weiblichen Kolleginnen. Andersrum sind Jungs einfach wandelnde Lexika, wenn es um Sport, Technik und Handwerk geht. Die Fußballweltmeister der letzten 30 Jahre rattern sie aus dem Kopf herunter und wie man einen Schlagbohrer richtig benutzt wissen sie auch.
Stop! Ist das wirklich so?

In unserer neuen Serie „Mädels gegen Jungs“ suchen wir die Wahrheit. Können Mädchen wirklich die besseren Plätzchen backen? Und sind Jungen echt schneller, wenn es ums Ikea-Regale aufbauen geht? Wir finden es heraus.

Unser Auftakt-Wettkampf der Geschlechter betrifft das Allgemeinwissen: Wie viele Fragen, die das andere Geschlecht mutmaßlich aus dem Schlaf beantworten kann, kriegen unsere beiden Kontrahenten Annika Niederkorn und Lukas Kohlenbach bewältigt? Um das Adrenalin in diesem Wettkampf schön hoch zu treiben, lassen wir sie außerdem eine Runde Sport treiben: Bei einem Taucherflossenrennen über das Redaktionsdach. Fünf Minuten lang mussten die beiden immer wieder zwischen zwei Stationen hin und herlaufen. Wer die meisten Fragen richtig beantwortete, hatte gewonnen. Hier gibt es die beiden Erfahrungsberichte – uns im Internet den Film zum Spektakel.

Ein Phasen-was?

Ganz schön anstrengend war das Taucherflossenwettrennen gegen Lukas auf dem Dach der Redaktion des Kölner-Stadt-Anzeigers, mein lieber Mann! Und witzig sah das Ganze bestimmt auch aus. Ein amüsierter Zuschauer fragte uns im vorübergehen, ob man uns vielleicht eine Karte fürs Schwimmbad spendieren solle. Ja, gerne! Eine Abkühlung war nach dem Frühsport nämlich auf alle Fälle nötig.
Mein Ziel stand schon vor Start unseres Wettkampfes fest: Unbedingt muss ich gewinnen! Uns Mädels direkt zu Anfang eine Niederlage einzufahren, ist wirklich ausgeschlossen.

Hüpfend, stolpernd und watschelnd zugleich machte ich mich also auf zu meinem Siegeszug. Schon auf den ersten Metern wurde mir klar, dass mein Vorhaben vielleicht etwas arg optimistisch war. Während des ganzen Wettkampfes kämpfte ich dagegen an, das Gleichgewicht zu verlieren und den Boden zu küssen. Und damit nicht genug: Am Ende jeder unfallfrei überstandenen Strecke galt es, kniffelige Fragen zu beantworten. Fragen nach der Paraderolle Arnold Schwarzeneggers machten mir zwar weniger Probleme, aber woher soll ich bitte wissen, was ein Phasenprüfer ist? Heute bin ich im Bilde, dass man mit so einem Gerät feststellen kann, ob auf einer Steckdose Strom ist. Beim Rennen hatte ich keine Ahnung!
Ich gebe also zu: Ich vermute, ein Mann hätte mit diesen Fragen weniger Probleme gehabt. Mir aber verlangte der Wettkampf einiges ab; unzählbar waren die Runden, die ich auf Flossen zurücklegen musste, ohne einen Punkt ergattert zu haben.
Die Fortbewegung auf Taucheflossen braucht etwas Eingewöhnung, funktionierte aber gegen Ende immer besser. Lukas hingegen kam glaube ich direkt nach dem Start richtig gut weg. Mit seinen quietschgelben Riesenflossen sah das, was er neben mir veranstaltete, allerdings echt lustig aus. Ich versuchte, mir das Lachen zu verkneifen, der Lauf war ohnehin schon anstrengend genug.

Nach Ablauf der fünf Minuten, die mich an meine Konditionsgrenzen stoßen ließen, stellten Lukas und ich fest, dass wir bei den Wissensfragen gleich gut, besser: gleich schlecht waren. Was bedeutete: Ein Stechen war nötig.
Na super. Also eine weitere Runde auf den ungewöhnlichen Schuhen stolpern, ohne schlimme Verletzungen einzufahren! Doch es lohnte sich: Die Frage nach dem Trainer des Fußballclubs Bayern München (Antwort: Jupp Heynckes) brachte mir den Sieg. Welches Glück, wenn man sich als Mädchen auch ein bisschen mit Fußball auskennt.

Eins steht am Ende dieses spannenden Rennens für mich fest: Ich vergesse nie mehr, dass BMW die Abkürzung für Bayerische Motorenwerke ist. Aber hey! Immerhin ging der erste Sieg durch mich jetzt also an die weiblichen Vertreter der „Junge Zeiten“-Redaktion. Ein guter Start! Olympische Disziplin wird unser Flossenrennen aber wohl eher nicht. Wie schade!

Die Leiden des Jungen Lukas

„Auf was habe ich mich hier eingelassen?“, schießt es mir durch den Kopf, als ich die Flossen an den Füßen habe und bis zum anderen Ende des Parkdecks blicke, an dem Redaktionsleiterin Verena Köplin und Fotograf Roland Neumann sitzen. Sie halten die Zettel mit den Fragen in der Hand, die es zu beantworten gilt. Ein kühler Wind weht über den Dächern Gladbachs. Ein Blick nach rechts: Meine Konkurrentin Annika ist ebenfalls in Position. Der Auftakt zu unserem großen Geschlechterwettbewerb kann beginnen!

Der Startschuss fällt. Annika hat die Technik zunächst besser drauf als ich. Auf den ersten Metern hängt sie mich glatt ab! Na, das kann ja heiter werden!
Doch das schwierigste steht noch bevor: Die Fragen am Ende jeder Runde. Denn die haben es in sich: Ich muss Fragen zu Themen beantworten, die Mädchen mutmaßlich mehr interessieren und Annika genau umgekehrt. Doch woher soll ich wissen, wer die Hauptdarsteller von „Sex and the City“ sind oder mit welcher Single die „No Angels“ berühmt wurden? Ich habe keinen blassen Schimmer, was vielleicht eher beruhigend als ärgerlich ist. Dafür verbessere ich meine Technik im Tauchflossenlaufen schon nach wenigen Runden enorm. Die Unterschenkel stark anwinkeln, die Beine so hoch wie möglich ziehen. Bald kann ich die Zeit, die ich bei den Fragen verliere, auf der Rennstrecke doch wieder ausgleichen.
Mit einem wahren Kraftakt und ein wenig Augenzwinkern bei der Beantwortung der Fragen kämpfe ich mich wieder an Annika heran: Am Ende liegen wir gleich auf, was die Anzahl der beantworteten Fragen betrifft. Ein entscheidendes Stechen muss her!

Zum Schluss wird mir ausgerechnet der gute alte Goethe zum Verhängnis: „Wer schrieb die ,Leiden des jungen Werther’?“ Gerade bei dieser Frage, die ich nicht unbedingt „typisch Mädchen“ fand, sondern die einfach zum guten Allgemeinwissen gehört, scheitere ich. „Schiller“, rate ich in meiner entblößenden Unkenntnis. Doch der gute alte Dichterfreund aus Weimarer Zeiten wäre die richtige Antwort gewesen. So tragen die Mädchen der Redaktion den ersten Sieg in unserem Wettbewerb an diesem kühlen Herbstmorgen schließlich davon. Doch mein Ehrgeiz ist nun geweckt: In der nächsten Disziplin werden wir Jungs uns keine Blöße geben!

Annika Niederkorn und Lukas B. Kohlenbach